Bauverträge in Polen – Rechte und Pflichten, Vergütung sowie Schutz von Auftragnehmern

Bauverträge sind ein großer Teil des Wirtschaftslebens und Quelle zahlreicher Streitigkeiten. Wie sind Bauverträge in Polen ausgestaltet? Wie werden die Interessen von Auftragnehmern gesichert ? Wer haftet bei nicht erfüllten Vergütungsansprüchen? Der folgenden Beitrag beleuchtet kurz die Eckpunkte des Bauvertrags nach polnischem Recht.

Gesetzliche Vorschriften

Der Bauvertrag wurde im polnischen Recht ausführlich in den folgenden Rechtsakten geregelt:

  • dem polnischen Zivilgesetzbuch (Art. 647 ff. ZGB)
  • im Gesetz über die öffentliche Auftragsvergabe (insbesondere Art. 437 ff. VergabeG) – betreffend Arbeiten, die direkt oder indirekt für öffentliche Auftraggeber erbracht werden

Es gibt in Polen kein gesetzlich vorgeschriebenes Vertragsmuster für Bauverträge.

Rechte und Pflichten der Parteien

Eine der grundlegenden Pflichten des Investors ist die Übergabe des Baugeländes sowie des Bauentwurfs, der Auftragnehmer hingegen hat den Vertragsgegenstand nach allen Regeln der Baukunst gemäß dem Bauentwurf zu errichten. Im Vergleich zu anderen Verträgen zeichnet sich der Vertragsgegenstand durch ein recht hohes technisches Niveau aus. Gegenstand des Bauvertrags ist ein Bauobjekt, also ein Gebäude, Bauwerk oder Stadtmöbel, das unter Zuhilfenahme von Baumaterialien errichtet wird. Die Errichtung des Vertragsgegenstandes sollte durch die entsprechenden Institutionen überwacht werden. Fehlt eines dieser Elemente, so ist davon auszugehen, dass es sich nicht um einen Bauvertrag, sondern lediglich um einen Werkvertrag handelt (wesentlich insbesondere im Bereich der andersartigen und oft geringeren Rechte der Auftragnehmer).

Die zivilrechtlichen Vorschriften sind jedoch meist modifizierbar (je nach konkreter Vorschrift), daher können der Umfang der durch den Auftragnehmer auszuführenden Arbeiten und die gegenseitigen vertraglichen Pflichten entsprechend angepasst werden. In der Praxis können die folgenden Vertragsvarianten angetroffen werden:

  • „Design & Build” – für die vereinbarte Vergütung übernimmt der Auftragnehmer für den Investor im Einklang mit dessen Vorgaben die Erstellung des Bauentwurfs,
  • „Optimize & Build“ – für die vereinbarte Vergütung wird dem Auftragnehmer vom Investor gestattet, im Bauentwurf des Auftraggebers gemäß Vorgaben des Investors Änderungen vorzunehmen
  • „Design, Build & Use“- im Rahmen der vereinbarten Vergütung übernimmt der Auftragnehmer vom Investor die Erstellung des Bauentwurfs aufgrund Vorgaben des Investors, errichtet das Objekt und hält dieses für eine bestimmte Zeit gegen eine Vergütung instand.

Vertragsgegenstand und Form

Der Bauvertrag besteht aus den folgenden Elementen:

  • Bezeichnung der Vertragsparteien (Investor und Auftragnehmer)
  • der genauen Bezeichnung der Bauleistung, die erbracht werden soll (samt technischer Dokumentation und Vorgaben für ihre Erstellung durch den Auftragnehmer)
  • Art und Höhe der Vergütung des Auftragnehmers

Weitere Elemente, die durch den Gesetzgeber nicht genannt wurden, jedoch von großer Bedeutung für die ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrages sind und daher in diesem Erwähnung finden sollten, sind:

  • das Datum des Beginns der Vertragserfüllung sowie das Datum der Übergabe des Baugeländes
  • die Ausführungsfrist
  • Parteipflichten in Bezug auf die Lieferung von Materialien und Werkzeugen samt entsprechenden Fristen
  • Grundsätze der Abnahme der Arbeiten
  • Folgen einer nicht ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages sowie entsprechende Besicherung
  • Fristen und Umfang von Gewährleistung bzw. Garantie

Es ist darauf hinzuweisen, dass nur ein in Schriftform geschlossener Vertrag einen wirksamen Schutz der Rechte und Pflichten der Parteien erlaubt. Zwar kann ein Bauvertrag in jeglicher Form und damit auch mündlich geschlossen werden. In einem solchen Fall können sich die Parteien jedoch, was Abschluss und Inhalt des Vertrages angeht, nicht auf den Zeugenbeweis berufen.

Vergütung

Grundsätzlich sind zwei Vergütungsformen zu unterscheiden:

  • Pauschalvergütung
  • Vergütung nach Einheitspreisen

Beide Formen stammen aus den gesetzlichen Vorschriften zum Werkvertrag, sie werden jedoch in der Praxis auch für den Bauvertrag verwendet.

Die Pauschalvergütung zeichnet sich dadurch aus, dass die Vergütung während der gesamten Vertragslaufzeit und somit während der Ausführung der Arbeiten gleichbleibt. An dieser Stelle hat der Gesetzgeber allerdings eine Ausnahme bei einer wesentlichen Änderung von Umständen vorgesehen, durch die Vermögensverluste auf Seiten des Auftragnehmers drohen (mehr dazu in unserem Beitrag „Was tun beim Anstieg von Materialpreisen?“

Die Vergütung nach Einheitspreisen (gemäß Kostenvoranschlag) wird aufgrund der geplanten Arbeiten und vorgesehenen Kosten festgelegt. Die Preisschätzung für die Arbeiten erfolgt bei dieser Vergütungsart durch eine Abschätzung der Anzahl der Arbeiten durch den Investor (aufgrund der Projektdokumentation) und der Auftragnehmer führt die Schätzung aufgrund eines Einheitspreises für die Erbringung der einzelnen Arbeit durch. Die Vergütung im Rahmen dieses Modells kann lediglich geschätzt werden, da ihre tatsächliche Höhe von der tatsächlichen Anzahl der durchgeführten Arbeiten abhängt. Die Einheitspreise können nicht verändert werden, es sei denn, die bisher für Kostenvoranschläge geltenden Preise oder Stundensätze wurden durch staatliche Organe angepasst. Zulässig ist auch die Geltendmachung der Anpassung der Vergütung nach allgemeinen Grundsätzen. Mehr hierzu ebenfalls in unserem Beitrag „Was tun beim Anstieg von Materialpreisen?“

Gesetzliche Absicherung der Interessen des Auftragnehmers

Der Gesetzgeber hat Mechanismen zur Absicherung des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers sowie für Zusatzarbeiten vorgesehen, die durch den Investor schriftlich akzeptiert wurden. Jeder Auftragnehmer ist daher berechtigt, vom Auftraggeber eine Zahlungsgarantie zu verlangen. Dieser Anspruch soll die fristgerechte Zahlung der vertraglichen Vergütung durch den Investor und als Konsequenz die termingerechte Ausführung der Investition (finanzielle Liquidität) sicherstellen.

Eine solche Garantie kann in Form einer Bank- oder Versicherungsgarantie, aber auch in Form anderer, im Gesetz vorgesehener Instrumente erteilt werden. Wichtig ist, dass die Parteien die (nachgewiesenen) Kosten des Sicherungsmittels zu gleichen Teilen tragen. Die Vorschriften über die Sicherungsmittel zugunsten des Auftragnehmers können durch vertragliche Bestimmungen oder andere Dokumente weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden. Gewährt der Investor die Zahlungsgarantie nicht innerhalb von 45 Tagen ab Aufforderung des Auftragnehmers, so ist letzterer zum Rücktritt vom Vertrag aufgrund Verschuldens des Investors und vorangehend zur Einstellung der Bauarbeiten berechtigt.

Abnahme der Bauarbeiten

Neben der Zahlung der vereinbarten Vergütung ist der Investor außerdem gesetzlich verpflichtet, das Bauobjekt abzunehmen. Die Abnahme ist für den Verlauf des Vertrages von wesentlicher Bedeutung, da sie die Etappe der Erbringung der Bauleistungen abschließt und die Parteien in die Garantie- und Gewährleistungsphase überleitet.

Die gesetzlichen Vorschriften enthalten keine präzisen Angaben zur Art und Weise der Abnahme. Sie weisen lediglich darauf hin, dass dem Auftragnehmer mangels abweichender Vereinbarungen ein Anspruch auf teilweise Abnahme der Arbeiten zusteht.

Die Rechtsprechung zum Thema Abnahme von Bauarbeiten weist ebenfalls darauf hin, dass der Investor die Abnahme des Objekts nur dann verweigern kann, wenn dieses einen wesentlichen Mangel aufweist, d.h. einen solchen, der es unmöglich macht, das Objekt gemäß seiner vertraglichen Bestimmung zu nutzen. Bei unwesentlichen Mängeln kann der Investor die Abnahme nicht verweigern, allerdings kann er Gewährleistungs- oder Garantieansprüche geltend machen. In dieser Situation sollte das Abnahmeprotokoll Informationen zur Qualität der Arbeiten sowie eine Auflistung der Mängel samt Fristen zu ihrer Beseitigung enthalten.

Gesamtschuldnerische Haftung für die Vergütung von Subunternehmern

Wichtiges Element des Bauvertrags ist aus Sicht von Subunternehmern die gesamtschuldnerische Haftung des Investors und Auftragnehmers für die Vergütung des Subunternehmers. Diese Haftung ergibt sich aus dem polnischem ZGB sowie dem Vergabegesetz. Der weitreichende Schutz von Subunternehmern (und weiteren Subunternehmern) soll es Generalunternehmern unmöglich machen, die oft schwächere Marktposition von Subunternehmern auszunutzen.

Die solidarische Haftung des Investors und Auftragnehmers gegenüber der Subunternehmerkette (auch von Subunternehmern gegenüber weiteren Subunternehmern) kann nicht durch vertragliche Vereinbarung eingeschränkt werden.

Öffentliche Auftragsvergabe und Vergaberecht

Öffentliche Aufträge, deren Gegenstand Bauarbeiten sind, wurden durch den Gesetzgeber besonders geschützt. Gemäß den Vorschriften des Vergabegesetzes ist der Auftraggeber verpflichtet, im Vertrag eine Reihe wichtiger Bestimmungen zu berücksichtigen, die seinen freien Willen bei der Vertragsgestaltung einschränken.

Unter anderem haben öffentliche Auftraggeber Vertragsstrafen auf maximal 20% der Vergütung des Auftragnehmers zu beschränken sowie Schutzvorschriften für Subunternehmer anzuwenden.

Zusammenfassung

Auftragnehmern von Bauarbeiten stehen nach den geltenden Vorschriften unabhängig von dem anwendbaren Modell (Generalunternehmer, Subunternehmer) eine Reihe von Rechtsschutzmitteln zu. Die Abwicklung komplizierter Bauverträge erfolgt in weitem Maße aufgrund gegenüber den gesetzlichen Vorschriften modifizierter und ergänzter Regelungen – z.B. aufgrund der FIDIC -Vertragsbedingungen. So kann einerseits der Parteiwille berücksichtigt, andererseits jedoch eine gewisse Vereinheitlichung vertraglicher Inhalte erreicht werden. Ein einheitliches Vertragsmuster für Bauverträge gibt es in Polen wie gesagt jedoch nicht.

Die für Unternehmer zugänglichen rechtlichen Mittel sind darauf ausgerichtet, wirtschaftliche Stabilität zu vermitteln und die Durchführung von Investitionen vor dem Hintergrund ökonomischer Sicherheit für Unternehmen zu ermöglichen.