Die Ausführung von Bauarbeiten bringt immer weniger Gewinn – Handlungsvorschläge (TEIL 2)

Der Ausbruch des Krieges in der Ukraine sowie unterbrochene Lieferketten haben dazu geführt, dass die Erfüllung bereits geschlossener Verträge in für Preisschwankungen sensiblen Bereichen unrentabel wird. In solchen Situationen erwägen Auftragnehmer eine Reihe von Szenarien. Macht es Sinn, den Vertrag trotz astronomischer Kosten zu erfüllen und die Investition im Prinzip für den Investor zu finanzieren oder ist es vielleicht doch vernünftiger, das Projekt abzubrechen und eine Reihe negativer Konsequenzen auf sich zu nehmen? Im vorliegenden zweiten Teil des Artikels beschreiben wir mögliche Szenarien, nach denen Auftragnehmer handeln können, um ihre wirtschaftliche Lage möglichst zu verbessern.

Ist ein Abbruch der Bauarbeiten beim Preisanstieg langfristig sinnvoll?

Im Falle einer unvorhersehbaren Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Auftragnehmer im Hinblick auf das wirtschaftliche Gleichgewicht des Projekts das Recht zu erwägen, von der Ausführung des Bauvertrags Abstand zu nehmen und die Baustelle zu verlassen. Es ist jedoch zu bedenken, dass ein solches Vorgehen erhebliche rechtliche Konsequenzen für das gesamte Bauunternehmen hat, das die Baustelle „verlässt“. Der Auftraggeber ist zwar verpflichtet, mit dem Auftragnehmer bei der Überwindung von Schwierigkeiten zusammenzuarbeiten, die die Ausführung des Vertrags oder eines bestimmten Teils der Bauarbeiten beeinträchtigen könnten, befindet sich aber gegenüber dem Auftragnehmer in einer privilegierten Position, wenn dieser die Arbeiten ohne angemessene Vorbereitung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht aufgibt. Das Verlassen der Baustelle durch den Auftragnehmer hat häufig zur Folge, dass der Auftraggeber von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch macht.  Auf dem Markt ist ein zunehmendes Bewusstsein von Generalunternehmern für die Folgen solcher Handlungen zu beobachten.

Rücktritt vom Vertrag und eventueller Schadenersatz

Der Rücktritt eines Auftraggebers vom Vertrag (aus welchen Gründen auch immer) eröffnet diesem die Möglichkeit, vom Auftragnehmer Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Wie in der Literatur und Rechtsprechung dargelegt, kann der Schadensersatzanspruch nicht nur den durch den Rücktritt entstandenen Vermögensschaden des Auftraggebers, sondern auch den entgangenen Gewinn umfassen. Die Bandbreite möglicher Ansprüche im Falle eines unzureichend vorbereiteten „Rücktritts vom Bau“ ist daher groß – sie kann die Kosten für die Durchführung der verbleibenden Bauarbeiten ebenso umfassen wie die Kosten im Zusammenhang mit der verstärkten Beteiligung des Auftraggebers an der Organisation eines neuen Ausschreibungsverfahrens und der notwendigen Bestandsaufnahme der Arbeiten, die Kosten einer verlängerten Überwachung durch den Auftraggeber, die Kosten für die Sicherung der Arbeiten oder entgangene Einnahmen aus der Nutzung der Investition oder sogar die Kosten für die Aufrechterhaltung der vorübergehenden Verkehrsorganisation (im Falle des Rücktritts von einer Straßeninvestition).

Die Ausübung der genannten Rechte durch den Auftraggeber kann daher für Generalunternehmer (oder Subunternehmer) eine Reihe negativer wirtschaftlicher Folgen nach sich ziehen, gegen die eine Verteidigung im Falle eines gerechtfertigten Rücktritts nur sehr schwer möglich ist, selbst wenn die Materialpreise weiter steigen. Es ist daher notwendig, einen weiteren Plan für den Rückzug des Auftragnehmers von der Baustelle zu entwickeln, da die Unterbrechung der Arbeiten eine Reihe von Rechten der Auftraggeber nach sich zieht, die vor allem zu einer Nichtbezahlung der betreffenden Bauleistungen führen können, und die Summe der Forderungen der Auftraggeber den erlittenen Schaden übersteigen kann. Bestimmte wirtschaftliche Nachteile, die mit der Aufgabe der Baustelle verbunden sind, sollten vom Auftragnehmer bereits in der Kalkulationsphase berücksichtigt werden, einschließlich der Zahlung einer Vertragsstrafe an den Auftraggeber.

Zusammenarbeitspflicht von Auftraggeber und Auftragnehmer

Der Gesetzgeber selbst kommt Auftragnehmern und Subunternehmern zu Hilfe, indem er im polnischen Zivilgesetzbuch die Verpflichtung beider Vertragsparteien zur Zusammenarbeit bei der Vertragserfüllung festlegt, einschließlich der Überwindung von Hindernissen, die der erfolgreichen Erfüllung ihrer gegenseitigen Pflichten im Wege stehen. Die genannten Bestimmungen lassen den Schluss zu, dass die Frage des Vertragsschutzes von beiden Vertragsparteien vorrangig behandelt werden sollte. Anstatt Maßnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, die andere Partei für die Verzögerungen bei der Ausführung der Arbeiten verantwortlich zu machen (geringere finanzielle Verpflichtung, was in der Regel zu einer Verringerung des Personals führt), sollte der Auftragnehmer (oder Subunternehmer) in einem solchen Fall den Auftraggeber auffordern, den Vertrag im Hinblick auf die Hindernisse bei der Ausführung der Arbeiten zu ändern. Auf diese Weise können die Parteien Verhandlungen über eine Vertragsänderung aufnehmen.

Der Auftraggeber sollte besonders die möglichen Kosten für die Auswahl eines neuen Auftragnehmers in Betracht nehmen. Die diesbezügliche Sensibilisierung der Auftragnehmer geht – leider – oft nicht mit einer Sensibilisierung der Auftraggeber für die Wertanpassung öffentlicher Aufträge und insbesondere für die oben genannten negativen Folgen einer unterlassenen Verhandlungsaufnahme einher. Nicht zu unterschätzen ist jedoch die zunehmende Erfahrung von Auftraggebern (insbesondere großer öffentlicher Auftraggeber), die angesichts der Häufigkeit von Vertragsänderungsanträgen ihre eigenen Wege zur Verhandlungsführung entwickeln.

Was, wenn der Auftraggeber die Preisanpassung verhindern möchte?

Widerstand gegen Verhandlungen seitens des Auftraggebers, das Hinauszögern der Vorlage von Stellungnahmen, Verlangen zusätzlicher Fristen, wiederholte Analysen von Unterlagen oder Aufforderung zur Vorlage irrelevanter Unterlagen, all dies kann zur Annahme einer mangelnden Kooperation des Auftraggebers bei der Überwindung von Hindernissen führen, die die Ausführung der Arbeiten durch den Auftragnehmer erschweren oder sogar verhindern. Dies ermöglicht es dem Auftragnehmer zu argumentieren, dass er das Recht erworben hat, vom Vertrag zurückzutreten. Andererseits kann die Androhung des Rücktritts durch den Auftragnehmer die Haltung des Investors bei der Verhandlung der Vertragsbedingungen ändern, sodass die Auswirkungen des Verhaltens des Auftragnehmers den Auftraggeber veranlassen können, entsprechende Verlangen erneut zu prüfen. Auftraggeber sollten auch bedenken, dass in einer Periode solch bedeutender wirtschaftlicher Veränderungen einige ungünstige Phänomene an öffentlicher Unterstützung gewinnen. Der Lohndruck nimmt zu und sowohl die Löhne von Arbeitnehmern als auch die Kosten z. B. für die Durchführung von Straßeninvestitionen, steigen drastisch an.

Der nächste Teil des Artikels wird sich mit den praktischen Aspekten der Verhandlung entsprechender Bestimmungen zur Wertsicherung befassen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Rechtsgrundlage (einschließlich der Bestimmungen des sog. Valorisierungs-„Sondergesetzes“), die Position der staatlichen Verwaltungsorgane zur Frage der Wertanpassung von öffentlichen Aufträgen und die Zulässigkeit der Änderung bereits geschlossener. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen der geschlossene Vertrag keine Indexierungsklausel enthält, sowie wenn der öffentliche Auftraggeber zwar eine Indexierungsklausel aufgenommen hat, diese aber fehlerhaft ist.