Obligatorische Mediation bei Baurechtsstreitigkeiten – neue Chance oder zusätzliche Komplikation?

Es kommt unweigerlich der Tag, an dem die ordentlichen Gerichte noch vor der vorbereitenden Sitzung oder der ersten Verhandlung verpflichtet sein werden, die Parteien von Baurechtsstreitigkeiten zur Mediation zu verweisen. Am 25. Juli 2025 hat der polnische Senat den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung der Zivilprozessordnung, des Zivilgesetzbuches und einiger anderer Gesetze vorgelegt.

Diese Lösung, über die wir bereits im Rahmen einer Artikelreihe in der Zeitung Rzeczpospolita berichtet haben, soll vor allem das Problem langwieriger Gerichtsverfahren in komplexen Baurechtsstreitigkeiten lösen. Ziel ist es auch, das Potenzial der Mediation als wirksames Instrument zur Beilegung solcher Streitigkeiten besser zu nutzen.

Mediation bei Baurechtsstreitigkeiten – zusätzliche Komplikationen oder Systemvereinfachung?

In den folgenden Tabellen haben wir die wichtigsten Änderungsvorschläge im Bereich der Mediation zusammengestellt, auf die Sie sich schon jetzt vorbereiten sollten.

RechtsgrundlageInhalt der VorschriftKommentar
Art. 4583a § 1 ZPOIn den in Art. 4582 § 1 Punkt 5 der Zivilprozessordnung genannten Fällen verweist das Gericht die Parteien vor der ersten für die Verhandlung oder die vorbereitende Sitzung anberaumten Sitzung an eine Mediation.

Der Artikel führt eine obligatorische Verweisung an die Mediation in Bausachen vor der ersten Gerichtsverhandlung ein[2]. Diese Bestimmung ist ein wesentlicher Bestandteil der Reform – sie soll die Zeit für die Beilegung komplexer Bausachen verkürzen und das Potenzial der Mediation besser nutzen

Praktischer NutzenPotenzielle Herausforderungen
o    Chance auf schnellere Eintreibung von Forderungeno    Die obligatorische Natur der Mediation kann zu „Scheinmediationen” führen, an denen mindestens eine Partei ohne echte Bereitschaft zur Einigung teilnimmt.
o    Eine zusätzliche Phase kann das Verfahren in Fällen verlängern, in denen die Mediation von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.
o    Es besteht das Risiko, dass das Potenzial nicht standardisierter Mediationslösungen ohne Fachwissen nicht ausgeschöpft wird.

RechtsgrundlageInhalt der VorschriftKommentar
Art. 183§ 2 ZPOEine Mediation findet nicht statt, wenn eine Partei innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe oder Zustellung der Entscheidung, mit der die Parteien zur Mediation aufgefordert werden, Widerspruch einlegt, es sei denn, sie hat vor Erlass der Entscheidung ihre Zustimmung zur Mediation gegeben.Derzeit ist es erforderlich, dass die Partei ihre aktive Zustimmung zur Mediation erteilt. Der vorgeschlagene Änderungsentwurf berücksichtigt die Notwendigkeit, dass die Partei Widerspruch gegen die Mediation einlegen kann. Ein solcher Widerspruch kann nur in Fällen eingelegt werden, in denen die Partei zuvor nicht ihre Zustimmung zur Durchführung einer Mediation erteilt hat, einschließlich in Form eines Antrags auf Verweisung der Parteien zur Mediation.
Die Novellierung des Artikels zielt darauf ab, die Anzahl der vom Gericht angeordneten Mediationen zu erhöhen. Gemäß der Begründung des Novellierungsentwurfs wird das Ausbleiben einer Stellungnahme der Partei innerhalb einer Woche nicht als Widerspruch gegen die Durchführung der Mediation gewertet, sondern als stillschweigende Zustimmung.

Praktischer NutzenPotenzielle Herausforderungen
o    Eine größere Anzahl von Mediationen bedeutet häufigere Möglichkeiten zur schnellen Beilegung von Streitigkeiten ohne kostspielige Gerichtsverfahren.
o    Die Passivität der anderen Verfahrenspartei blockiert die Mediation nicht – Eliminierung der Taktik, den Fall „hinauszuzögern”.
o    Die vorherige Zustimmung zur Mediation schützt vor späteren Einwänden.
o    Druck, strategische Entscheidungen schnell zu treffen (Notwendigkeit, innerhalb einer Woche Einspruch einzulegen)

RechtsgrundlageInhalt der VorschriftKommentar
Art. 4583a § 3 ZPONach der Verweisung der Parteien an die Mediation trifft das Gericht Maßnahmen zur Vorbereitung der vorbereitenden Sitzung oder der Verhandlung.Die parallele Vorbereitung der Verhandlung durch das Gericht während der Mediation soll einen reibungslosen Ablauf des Verfahrens gewährleisten und zusätzliche Verzögerungen im Falle eines Scheiterns der Mediation vermeiden. Diese Lösung zielt darauf ab, die Effizienz des gesamten Prozesses durch optimale Zeitnutzung zu steigern. Derzeit ist die Wartezeit bis zur Festsetzung des Termins für die erste Verhandlung nach einer erfolglosen Mediation meist lang. Diese Lösung birgt jedoch einen gewissen Widerspruch: Wenn die Mediation erfolgreich ist, erweist sich die Arbeit des Richters zur Vorbereitung der Verhandlung als ungenutzt.

Praktischer Nutzen Potenzielle Herausforderungen
o    Keine zusätzlichen Verzögerungen nach einer gescheiterten Mediation – das Gericht ist bereits für die Verhandlung vorbereitet
o    Zeitdruck motiviert die Parteien zu konstruktiven Verhandlungen in der Mediation
o    Risiko einer falschen Einschätzung des Zeitpunkts für Zugeständnisse ohne Kenntnis der Praxis von Baurechtsstreitigkeiten
o    Notwendigkeit, über Fachwissen zu verfügen, um gleichzeitig eine Mediation durchzuführen und Vorbereitungen für ein Gerichtsverfahren zu treffen
o    Risiko strategischer Fehler ohne Erfahrung mit den Besonderheiten von Baurechtsstreitigkeiten
RechtsgrundlageInhalt der VorschriftKommentar
Art. 18312 § 22 ZPOEin Protokoll oder eine Vereinbarung in elektronischer Form kann mit einer qualifizierten elektronischen Signatur unterzeichnet werdenDie Möglichkeit, das Mediationsprotokoll und die Mediationsvereinbarung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu unterzeichnen, ist Teil eines umfassenderen Prozesses der Digitalisierung der Justiz. Der Wegfall der Notwendigkeit, Unterlagen in Papierform zwischen den Teilnehmern des Mediationsverfahrens zu versenden, soll den Mediationsprozess insbesondere im Fernverfahren effizienter gestalten.

Praktischer NutzenPotenzielle Herausforderungen
o    Beschleunigung des Abschlusses von Mediationsvereinbarungen
o    Reduzierung der Logistikkosten im Zusammenhang mit der Unterzeichnung von Dokumenten
o    Möglichkeit, Vereinbarungen mit Vertragspartnern aus verschiedenen Standorten ohne geografische Einschränkungen zu schließen
o    Notwendigkeit von Investitionen der Unternehmer in die IT-Infrastruktur und Schulungen des Teams im Bereich elektronischer Signaturen
o    Notwendigkeit der Überprüfung der Identität und Berechtigungen der Unterzeichner im digitalen Umfeld
o    Risiko technischer Probleme, die den Abschluss der Vereinbarung verzögern können

Zusätzlicher Anreiz zur Mediation – Befreiung von den Gerichtskosten

Die geplanten Änderungen sehen auch einen zusätzlichen finanziellen Anreiz für die Inanspruchnahme der Mediation vor. Gemäß dem geplanten Art. 79 Abs. 1 Punkt 2 Buchstabe ab des Gesetzes über Gerichtskosten in Zivilsachen erstattet das Gericht von Amts wegen drei Viertel der für die eingelegte Berufung entrichteten Gerichtsgebühr, wenn die Parteien im Laufe des Verfahrens vor dem Gericht der zweiten Instanz vor einem Mediator einen Vergleich schließen. Derzeit sieht das Gesetz die Erstattung der Hälfte der Berufungsgebühr im Falle eines gerichtlichen Vergleichs vor[5].

Diese Lösung steht im Einklang mit der allgemeinen Philosophie des Gesetzgebers, der konsequent die Mediation als wirksame Alternative zu kostspieligen und zeitaufwändigen Gerichtsverfahren fördert.

Wann wird die obligatorische Mediation in Baurechtsstreitigkeiten Realität?

Gemäß dem Entwurf sollen die neuen Regelungen zu Art. 1838 § 2 ZPO und Art. 18312 § 22 ZPO 14 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Gesetzblatt in Kraft treten. Die Regelungen zur Änderung des Mediationsverfahrens in Bausachen (Art. 4583a § 1 und § 3 ZPO) sollen hingegen 6 Monate nach ihrer Veröffentlichung im Gesetzblatt in Kraft treten. Derzeit wartet der Gesetzentwurf auf die Prüfung der Änderungen des Senats durch den Sejm.

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