Lohngleichheit in der Praxis

Eine Diskriminierung kann z. B. darin bestehen, dass einer Person in ähnlicher Position ein Firmenwagen zugewiesen wird, einer anderen nicht. Denn beim Vergleich der Vergütung von Arbeitnehmern werden sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Leistungen berücksichtigt.

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Was bedeutet eigentlich Vergütung?

Um zu verdeutlichen, was das Recht auf gleiche Vergütung beinhaltet, und um Situationen zu unterscheiden, in denen tatsächlich eine Lohndiskriminierung vorliegt, muss geklärt werden, wie die Begriffe Vergütung und gleiche oder gleichwertige Arbeit zu verstehen sind.

Die polnischen Vorschriften enthalten keine rechtliche Definition des Begriffs „Vergütung“. Im Vergleich mit dem Arbeitsgesetzbuch (ArbGB) und den EU-Verordnungen wird unter Vergütung eine vermögenswirksame Leistung betrachtet, die ein Arbeitnehmer regelmäßig vom Arbeitgeber für geleistete Arbeit oder für die Bereitschaft zur Arbeitsleistung in bestimmten Fällen erhält. Sie ist ein wesentliches Element des Arbeitsverhältnisses, das einem besonderen gesetzlichen Schutz unterliegt.

Vergütungsbestandteile

Eine Analyse des Zwecks der Richtlinie sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union führt zu dem Schluss, dass der Begriff der Vergütung so weit wie möglich gefasst werden sollte. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Anspruch auf gleiche Vergütung in einer Organisation gewährleistet ist, sollten daher alle Bestandteile berücksichtigt werden.

Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sollte die Vergütung nicht nur den üblichen Grund- oder Mindeststunden- oder -monatslohn umfassen, sondern auch ergänzende oder variable Bestandteile. Zu diesen Bestandteilen sollte jede Gegenleistung – ob in Form von Geld- oder Sachleistungen – gehören, die direkt oder indirekt vom Arbeitgeber erhalten wird (so in den Rechtssachen C-300/06 Voß, C-33/89 Kowalska, 12/81 Garland).

Die Vergütung umfasst somit Vergütungsbestandteile, die durch die in einem bestimmten Mitgliedstaat geltenden Vorschriften, Tarifverträge und internen Rechtsakte eines bestimmten Arbeitgebers garantiert werden.

Auf der Grundlage von Artikel 183c § 2 des ArbGB umfasst der Begriff „Vergütung“ daher nicht nur die Grundvergütung, sondern auch alle anderen Bestandteile, unabhängig von ihrer Bezeichnung und Art, sowie andere arbeitsbezogene Leistungen, die den Arbeitnehmern in Form von Geld oder Sachleistungen gewährt werden.

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Beispiele hierfür sind unter anderem:

  • Prämien
  • Jubiläumszuwendungen
  • subventionierte private medizinische Leistungen oder Sportpakete
  • Beitrag zu einem Cafeteria-System
  • bezuschusste Lebensversicherung
  • Bezuschussung von Fortbildungsmaßnahmen
  • subventionierter Arbeitsurlaub
  • Ausgleich für Überstunden
  • Zuschläge für Nachtarbeit
  • Gewährung eines Dienstwagens
  • Abgeltung des nicht genommenen Jahresurlaubs
  • Vergütung bei Krankheit oder Stillstand
  • zusätzliche Jahresvergütungen (z. B. sogenannte 13. Monatsgehälter)
  • Abfindungen, Entschädigungen oder Renten

Beispiel

Die ABC sp. z o.o. beschäftigt zwei Mitarbeiter als Verkaufsspezialisten. Beide verrichten die gleiche Arbeit in der gleichen Position, wobei der erste Angestellte ein Vollzeitbeschäftigter und der zweite Angestellte ein Arbeitnehmer mit 3/4-Stelle ist. Der Vollzeitbeschäftigte hat die Möglichkeit, sich und seine Familienangehörigen in einer vom Arbeitgeber bezuschussten Gruppenversicherung anzumelden. Dem zweiten Arbeitnehmer wird diese Möglichkeit nicht geboten.

Beispiel

XYZ sp. z o.o. ist auf das Baugewerbe spezialisiert. Derzeit ist das Unternehmen als Generalunternehmer auf 10 Baustellen tätig. Für jede Baustelle wurde ein Bauleiter ernannt. Einige von ihnen erhalten dafür eine Funktionszulage.

In den beschriebenen Fällen liegt eine Lohndiskriminierung im Sinne der Richtlinie vor, wenn die Arbeitnehmer die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit verrichten und es darüber hinaus für keinen von ihnen Kriterien gibt, die einen Lohnunterschied rechtfertigen (z. B. Berufserfahrung oder Qualifikationen, wie später in diesem Artikel noch erläutert wird).

Korrekte Bestimmung der Vergütung

Gemäß Artikel 78 § 1 ArbGB ist die Arbeitsvergütung in jedem Fall so zu bemessen, dass es insbesondere der Art der geleisteten Arbeit und den für ihre Ausführung erforderlichen Qualifikationen sowie der Quantität und Qualität der geleisteten Arbeit entspricht, mit der Maßgabe, dass der Arbeitnehmer unabhängig von den oben genannten Kriterien mindestens die nach gesonderten Vorschriften festgelegte Mindestvergütung erhalten muss. Der vorstehende Kriterienkatalog zur Bestimmung der Vergütung ist offen. Die Höhe der Vergütung kann z.B. auch von der Betriebszugehörigkeit, der Berufserfahrung oder der Beachtung von Arbeitsdisziplin und Ordnung durch den Arbeitnehmer beeinflusst werden.

Damit wird jedem Arbeitnehmer das Recht auf gleiche Vergütung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit garantiert. Dieses Recht sollte in jeder Phase der Beschäftigung gewährleistet sein – von der Verhandlung der Vergütung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Vergleich der Arbeitsleistung

Nach polnischem Recht sind die Begriffe „gleiche Arbeit“ und „gleichwertige Arbeit“ nicht identisch und dürfen nicht austauschbar verwendet werden (Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 18. September 2008, II PK 27/08).

Eine gleichwertige Arbeit ist eine Arbeit, die hinsichtlich ihrer Art, der zu ihrer Ausführung erforderlichen Qualifikationen, der Bedingungen, unter denen sie ausgeführt wird, sowie hinsichtlich ihrer Quantität und Qualität gleich ist. Gleichwertige Arbeit ist dagegen eine Arbeit, die zwar unterschiedlich, aber gleichzeitig ähnlich genug ist, um sie in Bezug auf berufliche Qualifikation, Berufserfahrung, Verantwortung und Anstrengung zu vergleichen.

Bei der Beurteilung, ob es sich um die gleichen Arbeiten handelt, sollte Folgendes berücksichtigt werden:

  • ob es sich um dieselbe Art von Arbeit handelt
  • ob sie die gleichen Qualifikationen erfordert, um sie auszuführen
  • ob sie unter denselben Bedingungen ausgeführt werden kann und
  • ob es sich um Arbeiten von gleicher Qualität oder Quantität handelt

Alle diese Bedingungen müssen kumulativ erfüllt sein. Nur die besetzte Stelle kann nicht das einzige Kriterium sein. Die Arbeit ist nicht dieselbe, wenn sie trotz gleicher Art und gleicher Bedingungen, unter denen sie verrichtet wird, in ihren Auswirkungen in Bezug auf Quantität oder Qualität unterschiedlich ist. Auch der Umfang der Verantwortung des Arbeitnehmers ist nicht unbedeutend.

Gleichwertige Arbeiten sind hingegen Arbeiten, die zwar in ihrer Art unterschiedlich, aber gleichzeitig ähnlich genug sind, um anhand der in Artikel 183c § 3 des ArbGB genannten Kriterien verglichen werden zu können. In diesem Zusammenhang sind für den Vergleich des Werts bestimmter Arbeiten die beruflichen Qualifikationen (bestätigt durch in gesonderten Vorschriften vorgesehene Dokumente oder durch Praxis und Berufserfahrung) sowie der Umfang der Verantwortung und der (geistigen und körperlichen) Anstrengung zu berücksichtigen.

Objektive Kriterien für unterschiedliche Gehälter

Gemäß der Richtlinie sollten Arbeitnehmer, die genau die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit verrichten, in der Regel die gleiche Vergütung erhalten. Diese darf nur auf der Grundlage objektiver und nicht diskriminierender Faktoren, die Maßstäbe für die geleistete Arbeit sind, differenziert werden.

Der Oberste Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 21. März 2019. (II PK 314/17) die Möglichkeit, die Stellung von Arbeitnehmern zu differenzieren, die unterschiedliche oder gleiche Aufgaben erfüllen, aber nicht gleich. Die Stellung von Arbeitnehmern kann auch aufgrund von Unterschieden, die sich aus ihren persönlichen Veranlagungen ergeben, sowie aufgrund von Unterschieden bei der ausgeführten Arbeit differenziert werden.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sollte der Wert der Arbeit anhand objektiver Kriterien bewertet und verglichen werden. Die vier wichtigsten Kriterien, die auch direkt in der Richtlinie genannt werden, sind insbesondere:

  • Fähigkeiten
  • Anstrengung
  • Verantwortung
  • Arbeitsbedingungen

Diese Faktoren werden als wesentlich angesehen und ermöglichen gleichzeitig eine Bewertung der an einem bestimmten Arbeitsplatz ausgeführten Aufgaben, unabhängig vom Wirtschaftszweig.

Ein objektives Kriterium für die Differenzierung der Vergütung der Beschäftigten ist ihre Qualifikation. Diese Qualifikationen sollten durch einschlägige Dokumente und Berufserfahrung bestätigt werden. Auch diese Prämisse sollte von Fall zu Fall geprüft werden, da Qualifikationen nur dann ein Differenzierungskriterium darstellen können, wenn sie sich tatsächlich auf die Qualität der geleisteten Arbeit auswirken (Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 3. Juni 2014, III PK 126/13).

Auch die Erfahrung des Arbeitnehmers kann ein solches Kriterium sein. So kann beispielsweise in Berufen, die fortgeschrittene geistige Arbeit, spezielle Kenntnisse oder die Bedienung verschiedener Arten von Maschinen erfordern, das Dienstalter und die erworbene Erfahrung einen erheblichen Einfluss auf die Qualität der geleisteten Arbeit haben. So kann der Arbeitgeber die erworbene Erfahrung belohnen, die es dem Arbeitnehmer ermöglicht, seine Aufgaben besser zu erfüllen (Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 14. März 2019, II PK 310/17).

Ein objektives Kriterium für die Differenzierung kann auch das legitime Bedürfnis des Arbeitgebers sein, das als Verfügbarkeit und Anpassungsfähigkeit des Arbeitnehmers an die Erfordernisse der Erbringung von Arbeitsleistungen an verschiedenen Orten zu verstehen ist (Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 9. Mai 2014, I PK 276/13).

Standort als Differenzierungskriterium

Ein Kriterium für die Differenzierung der Vergütungshöhe, das immer wieder Fragen aufwirft, ist die geografische Lage der Niederlassung des Unternehmers. In der Praxis gibt es häufig Fälle, in denen Arbeitnehmer, die für ein Unternehmen tätig sind, ihre Arbeit von verschiedenen Niederlassungen in anderen Teilen des Landes aus leisten und daher unterschiedliche Gehälter erhalten.

Nach der Rechtsprechung des EuGH dürfen Arbeitgeber die Höhe der Vergütung von Arbeitnehmern nicht differenzieren, wenn der Ort der Dienstleistung oder der gewerblichen Niederlassung das einzige entscheidende Kriterium ist. Vielmehr muss sich der Arbeitgeber auch von anderen objektiven Gründen leiten lassen und in der Lage sein, diese vernünftig zu rechtfertigen.

Die adäquateste Lösung wird darin bestehen, die Löhne nach den Grundsätzen der Lohnbildung zu differenzieren, d. h. in erster Linie durch das Prisma der Quantität und Qualität der geleisteten Arbeit, der Anstrengung oder der Verantwortung.

Beispiel

ABC sp.j. hat zwei Niederlassungen in Polen. Die erste befindet sich in Częstochowa und die zweite in Warschau. Die Beschäftigten in der Warschauer Niederlassung verdienen 1,5 Mal mehr als die in der Niederlassung in Częstochowa. Der Arbeitgeber argumentiert, dass der Lohnunterschied darauf zurückzuführen ist, dass der Umsatz in der Warschauer Niederlassung höher ist, was sich unmittelbar auf die höhere Arbeitsbelastung der Beschäftigten und die größere Anzahl von Aufgaben und das höhere Verantwortungsniveau auswirkt. In diesem Fall hat der Arbeitgeber das Lohnniveau rechtmäßig differenziert.