Formanforderungen im Vergabeverfahren – was gilt in Polen?

Das Vergabeverfahren ist mit der Vorlage zahlreicher Dokumente durch Unternehmer verbunden. Dabei ist jedoch nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form der Dokumente entscheidend. Der nachfolgenden Artikel liefert einen kurzen Überblick über die grundsätzlichen Regelungen zum Thema Formerfordernisse in Vergabeverfahren.

Welche Vorschriften finden Anwendung?

Von grundsätzlicher Bedeutung sind:

  • das polnische Vergabegesetz vom 11. September 2019 (poln. Prawo Zamowień Publicznych, VergabeG),
  • die Verordnung des Präsidenten des Ministerrates vom 30. Dezember 2020 über die Erstellung und Übermittlung von Informationen sowie technischen Anforderungen an elektronische Dokumente sowie Kommunikationsmittel im Vergabeverfahren und Teilnahmewettbewerb sowie
  • die Verordnung des Ministers für Entwicklung, Arbeit und Technologie vom 23. Dezember 2020 über Beweismittel und andere Dokumente und Erklärungen, die der Auftraggeber von Auftragnehmern fordern kann.

Kommunikation auf elektronischem Weg

Gemäß den derzeit geltenden Vorschriften kommunizieren Auftraggeber mit Auftragnehmern grundsätzlich in elektronischer Form. Die elektronischen Kommunikationsmittel, die öffentliche Auftraggeber verwenden, müssen ein Mindestmaß an Integrität, Authentizität und Vertraulichkeit des Austauschs sowie der Aufbewahrung der Informationen garantieren.

Ziel der Digitalisierung des Vergabeverfahrens ist die Verbesserung der Leistungsfähigkeit, Transparenz und Effizienz des jeweiligen Verfahrens. Daher verpflichtet das VergabeG die Beteiligten zur Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel.

Qualifizierte elektronische Signatur und Vertrauensprofil

Bei Aufträgen, die bestimmte EU -Schwellenwerte erreichen oder überschreiten, sind sämtliche Unterlagen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen, deren rechtliche Wirkung einer eigenhändigen Unterschrift gleichkommt und die bei verschiedenen professionellen Anbietern erworben werden kann.

Bei Aufträgen unterhalb der Schwellenwerte ist es ebenfalls zulässig, die Unterschrift eines sog. Vertrauensprofils zu verwenden (poln. Podpis Zaufany, Electronic Platform of Public Administration ePUAP – English).

Der Unterschied zwischen einer qualifizierten elektronischen Signatur und dem nicht kommerziellen Vertrauensprofil besteht darin, dass letzteres ausschließlich für die Kommunikation mit öffentlichen Stellen dient. Die qualifizierte Unterschrift hingegen kann als kommerzielles IT-Instrument auch zur Unterzeichnung anderer Dokumente (E-Mails, PDF etc.) verwendet werden und ist mit einem qualifizierten Zertifikat versehen, welches die Identifizierung des Unterzeichnenden ermöglicht.

Welche Folgen hat die Nichtbeachtung der Formvorschriften?

Die nicht ordnungsgemäße Unterzeichnung des Angebots kann weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen und sogar zur Abweisung des Angebots durch den Auftraggeber führen. Besondere Aufmerksamkeit ist der Korrektheit der übermittelten Daten zu schenken, da sogar kleinste Änderungen in der Datei nach der Unterzeichnung einen Programmfehler verursachen können. Im Endeffekt gilt das Angebot dann als nicht unterzeichnet.

Besondere Fälle

In Ausnahmefällen kann der Auftraggeber von der elektronischen Form absehen. Dies ist jedoch lediglich in den im Vergabegesetz vorgesehenen Fällen zulässig (Art. 65 VergabeG) wie etwa dann, wenn besonders sensible Informationen geschützt werden sollen und dies beim Einsatz der elektronischen Form nicht ausreichend gewährleistet werden kann.

Ein weiterer Grund, von der elektronischen Form abzusehen, sind technische Gründe, insbesondere wenn das Programm zur Versendung des Angebots sowie anderer Dokumente aufgrund des besonderen Charakters des Vergabegegenstandes nicht allgemein zugänglich ist. Ebenso kann es sein, dass der Auftraggeber die Einreichung einer Probe oder eines Modells verlangt, die selbstverständlich nicht auf elektronischem Wege verschickt werden können. Der Ausnahmenkatalog, der es dem Auftragnehmer ermöglicht, von der elektronischen Form abzusehen, ist abschließend. Die Entscheidung über die Wahl der konkreten Form trifft jedes Mal der Auftraggeber, allerdings hat er die Entscheidung im Auftragsprotokoll zu begründen.

Fremdsprachige Dokumente

Der Auftragnehmer reicht im Vergabeverfahren unter anderem Beweismittel ein, die ihm dazu dienen, das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen bzw. Vorliegen der Voraussetzungen für die Teilnahme am Verfahren zu bestätigen. Stammt der potenzielle Auftragnehmer aus dem Ausland, sind die Originaldokumente meist in einer Fremdsprache verfasst.

Beweismittel sowie andere Dokumente und Erklärungen, deren Originale in einer anderen als der polnischen Sprache vorliegen, werden zusammen mit einer Übersetzung eingereicht. Eine (seltene) Ausnahme von dieser Regel gilt nur, wenn der Auftraggeber gemäß Art. 20 Abs 3 VergG die Einreichung von Dokumenten in einer Fremdsprache gestattet.

Da Dokumente ohne Übersetzung als nicht eingereicht gelten, ist es daher wichtig, fremdsprachigen Unterlagen eine entsprechende Übersetzung beizufügen. Hier reicht eine einfache, sogar selbst gefertigte Übersetzung aus, eine Beglaubigung ist nicht erforderlich. Aufgrund der Tatsache, dass sämtliche Ungereimtheiten und Fehler der Übersetzung zu Lasten des Auftragnehmers gehen, lohnt es sich allerdings, die Hilfe eines professionellen Übersetzers in Anspruch zu nehmen.

Bedeutung der Formvorschriften

Abschließend ist zu sagen, dass die Form der einzureichenden Unterlagen zu den bedeutendsten Aspekten bei der Angebotsabgabe im Vergabeverfahren gehört. Daher ist es wichtig, sich genau mit den Anforderungen des VergabeG, den o.g. Verordnungen sowie den Anforderungen des Auftraggebers aus den Ausschreibungsunterlagen bekannt zu machen, um zu vermeiden, dass ein geeignetes und günstiges Angebot aus formellen Gründen ausgeschlossen wird.