Gefängnisstrafe bei Verletzung des Geschäftsgeheimnisses
Jedes Ausnutzen oder Offenlegen des Geschäftsgeheimnisses entgegen der gesetzlichen oder vertraglichen Pflicht stellt nach polnischem Recht eine Straftat dar. Mit der Novellierung des Handelsgesellschaftsgesetzbuches (HGGB) wurde der Begriff des Geschäftsgeheimnisses (wortwörtlich im Polnischen „Gesellschaftsgeheimnis“) in Verbindung mit einem Verbot seiner Offenlegung in das Gesetz aufgenommen. Dieses Verbot richtet sich sowohl an gegenwärtige als auch ehemalige Mitglieder von Geschäftsführungen und Vorständen (im Folgenden gemeinsam „Geschäftsführungsmitglieder“) und ist unbefristet. Ein Verstoß gegen das Gesetz kann schwerwiegende Folgen haben, da die unrechtmäßige Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses sogar mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden kann.
Das Loyalitätsprinzip
Die am 13. Oktober 2022 in Kraft getretene Novelle des Handelsgesellschaftsgesetzbuches regelt ausdrücklich den Grundsatz der Loyalität von Geschäftsführungsmitgliedern von Kapitalgesellschaften auch nach Beendigung ihres Mandats. Gleichzeitig wurde die Loyalitätspflicht mit der Pflicht zur Geheimhaltung von Informationen, die für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens relevant sind, verknüpft. Der Gesetzgeber hat in Art. 2091 § 2 HGGB für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und in Art. 3771 § 2 HGGB für die Aktiengesellschaft (Art. 30055 HGGB – einfache Aktiengesellschaft) ausdrücklich die Pflicht zur Bewahrung des Geschäftsgeheimnisses vorgesehen. Diese Pflicht besteht auch nach Beendigung des Mandats des betreffenden Mitglieds. Dies bedeutet, dass ein Geschäftsführungsmitglied nach Beendigung seines Mandats alle Informationen, die es während seines Mandats erlangt hat und die als Unternehmensgeheimnis eingestuft werden können, vertraulich behandeln muss.
Definition des Geschäftsgeheimnisses
Das HGGB selbst enthält jedoch keine Definition des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses. Gemäß der Begründung des Entwurfs vom 23. August 2021 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Handelsgesellschaften und anderer Gesetze (Drucksache Nr. 1515, 9. Sejm), auf dessen Grundlage die oben genannten Vorschriften verabschiedet wurden, ist das Geschäftsgeheimnis als Information zu verstehen, die bei der Ausübung des Mandats erlangt wurde und der Begriff des Geschäftsgeheimnisses selbst verweist auf den Begriff des Unternehmensgeheimnisses gem. Art. 551 des Zivilgesetzbuches. Gleichzeitig haben die Autoren des Gesetzesentwurfs darauf hingewiesen, dass die Definition des Geschäftsgeheimnisses weiter gefasst ist als die Definition des Unternehmensgeheimnisses im Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 16. April 1993 („WettbG“). Im Gegensatz zum Unternehmensgeheimnis nach dem WettbG muss für die Annahme eines Geschäftsgeheimnisses nicht nachgewiesen werden, dass das Unternehmen Maßnahmen zur Geheimhaltung der Informationen ergriffen hat.
So ist ein Unternehmensgeheimnis im Sinne des WettbG zweifellos ein Geschäftsgeheimnis, aber nicht jede Information, die unter den Begriff des Geschäftsgeheimnisses fallen kann, erfüllt auch die Voraussetzungen des Unternehmensgeheimnisses. Der Schutz ist daher wesentlich breiter gefasst, und verschiedene Arten von Informationen, die im Rahmen der Ausübung eines Mandats erlangt werden und sich auf die Art und Weise auswirken, wie ein Unternehmen geführt wird, können als Unternehmensgeheimnis eingestuft werden. Zu den häufigsten Beispielen für das Unternehmensgeheimnis gehören Unternehmenspläne, Managementmethoden, Entwicklungsprognosen, erworbenes Fachwissen, Informationen über Auftragnehmer oder Rechtsstreitigkeiten. Auch die Gesellschaft kann den Umfang des Geschäftsgeheimnisses beeinflussen, indem sie versucht, den Begriff in internen Vorschriften zu definieren.
Lösungen vor der Novellierung
Bisher war die Verpflichtung zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses nicht ausdrücklich im Gesetzestext verankert, was nicht bedeutet, dass es eine solche Verpflichtung nicht gab. Das Verbot der Weitergabe von Informationen, die Geschäftsgeheimnisse darstellen, sowohl während als auch nach der Amtszeit wurde aus dem Loyalitätsgrundsatz für Organmitglieder abgeleitet. Es wurde davon ausgegangen, dass das Verhaltensmuster eines Geschäftsführungsmitglieds, unabhängig davon, ob es sich um einen derzeitigen oder ehemaligen Geschäftsführer handelt, unter Berücksichtigung des beruflichen Charakters seiner Tätigkeit ausgelegt werden sollte. So wurde davon ausgegangen, dass nicht nur ein aktueller sondern auch ein ehemaliger Geschäftsführer, der sein Amt bereits niedergelegt hat, verpflichtet ist, Informationen, die für das Unternehmen und seine Geschäfte von Bedeutung sind, geheim zu halten.
Diese inhaltliche Ausgestaltung der Pflicht als Ergebnis der Auslegung der allgemeinen Regeln für die Ausübung des Geschäftsführungsmandats hatte zur Folge, dass vielen Personen nicht bewusst war, dass eine solche Pflicht überhaupt besteht. Die jetzige ausdrückliche Regelung der Pflicht im Gesetz beseitigt einerseits jeden Zweifel an ihrer Gültigkeit (auch im Zusammenhang mit ehemaligen Vorstandsmitgliedern) und stärkt andererseits den Status der Pflicht selbst, indem sie das Bewusstsein für ihre Existenz schafft.
Strafe für die Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses
Die Verpflichtung bestand und besteht also auch heute noch, aber gibt es eine Sanktion für die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses, das nicht auch ein Unternehmensgeheimnis darstellt?
Es gibt sehr wohl eine Sanktion und dies im weitestgehenden Sinne. Nach Art. 266 § 1 des polnischen Strafgesetzbuches (StGB) wird mit Geldstrafe, Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsentzug bis zu 2 Jahren bestraft, wer entgegen den gesetzlichen Vorschriften oder einer von ihm übernommenen Verpflichtung Informationen, die ihm im Zusammenhang mit seiner Funktion, seiner Arbeit, seiner öffentlichen, sozialen, wirtschaftlichen oder wissenschaftlichen Tätigkeit bekannt sind, offenbart oder verwertet.
Der Straftatbestand umfasst somit jede Nutzung oder Weitergabe von Informationen unter Verletzung einer Pflicht, die ihren Ursprung in einem Gesetz oder sogar einem Vertrag hat.
Der Täter muss von den offengelegten oder verwendeten Informationen unter bestimmten Umständen Kenntnis erlangen, d. h. im Zusammenhang mit seiner Funktion, seiner Arbeit, seiner öffentlichen, sozialen, wirtschaftlichen oder wissenschaftlichen Tätigkeit. Da sich die Verpflichtung gegenwärtiger und ehemaliger Geschäftsführer zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen derzeit unmittelbar aus dem Gesetz ergibt und vor dem 13. Oktober 2022 auf der Grundlage seiner Bestimmungen ausgelegt wurde, wird eine entsprechende Verletzung daher auch gemäß Artikel 266 § 1 StGB unter Strafe gestellt. Die Strafandrohung ist hier mit bis zu 2 Jahren Freiheitsentzug erheblich. Mit der Regelung der Verpflichtung zur Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen sowohl während der Amtszeit als auch nach ihrer Beendigung hat der Gesetzgeber also jegliche Zweifel an der Möglichkeit einer Strafbarkeit nach der besprochenen Vorschrift im Zusammenhang mit Geschäftsgeheimnissen ausgeräumt.
Wie kann das Geschäftsgeheimnis geschützt werden?
Geschäftsführer sollten sich daher ihrer Geheimhaltungspflicht und der Konsequenzen einer Verletzung bewusst sein. Unternehmen sollten ausscheidende Geschäftsführer über ihre Pflichten und Sanktionen bei Verstößen sowie über die Erwartung informieren, dass diese eingehalten werden. Auf diese Weise wird das Bewusstsein dafür geschärft, wie ernst der Informationsschutz innerhalb des Unternehmens genommen wird, auch wenn dies keine Voraussetzung für die Begründung einer strafrechtlichen Haftung ist. Aus praktischer Sicht sollten Unternehmen zur wirksamen Durchsetzung ihrer Rechte auch eine Klärung des Begriffs „Geschäftsgeheimnis“ in Erwägung ziehen, sei es nur in internen Vorschriften.
Auf Personen, die nicht der Geschäftsführung angehören, kann Art. 266 § 1 StGB ebenfalls anwendbar sein. Dabei handelt es sich u.a. um Personen, die auf irgendeiner Grundlage im Unternehmen beschäftigt sind und sich im Zusammenhang mit einer getroffenen Vereinbarung verpflichten, Geschäftsgeheimnisse zu bewahren. Eine solche Wirkung entfalten in der Praxis häufig abgeschlossene Geheimhaltungsvereinbarungen. Ihre Verletzung hat nicht nur eine verpflichtende (z.B. in Form von Vertragsstrafen), sondern auch strafrechtliche Wirkung. In der Praxis lohnt es sich daher, Geheimhaltungsvereinbarungen in Erwägung zu ziehen, um das Unternehmen auch in strafrechtlicher Hinsicht zu schützen. Das Fehlen einer solchen Vereinbarung kann ein erhebliches Hindernis für die Inanspruchnahme von Rechtsschutzmitteln darstellen, wenn die verwendeten Informationen nicht die Definition des Unternehmensgeheimnisses nach dem WettbG erfüllen, der insoweit einen eigenständigen Schutz vorsieht. In einem solchen Fall verbleiben nur zivilrechtliche Sanktionen.