Die Familienstiftung – Unternehmensnachfolge maßgeschneidert
Ende Mai 2023 ist das Gesetz über die Familienstiftung in Kraft getreten („Gesetz”). Die Familienstiftung ist, wenn auch unter verschiedenen Bezeichnungen, in anderen Rechtsordnungen seit Jahren bekannt. Sie kann den Trend zur Inanspruchnahme ähnlicher ausländischer Treuhandeinrichtungen umkehren und zu einer Rückkehr an den Heimatort des Stifters führen. Auf makroökonomischer Ebene kann ein solcher Trend zur verstärkten Expansion polnischer Familienunternehmen durch Kapitalakkumulation beitragen. Anreize für die Inanspruchnahme von Familienstiftungen in Polen statt im Ausland können Einsparungen, ein leichterer Zugang, Kenntnisse der Landessprache und des Rechtssystems sowie das steuerlich neutrale Umfeld für Familienstiftungen sein.
Worin besteht der Hauptzweck der Familienstiftung?
Der Hauptzweck der Familienstiftung ist die Nutzung von Privateigentum durch vom Stifter bestimmte Personen. Es soll in erster Linie den Begünstigten gemäß den vom Stifter festgelegten Bedingungen dienen. Mit anderen Worten: Die nachfolgenden Generationen – die Begünstigten – sollen das Familienunternehmen nach dem Willen des Stifters weiterführen und so das Familienvermögen sichern.
Bei der Familienstiftung stehen insbesondere die folgenden Werte im Vordergrund:
- Schutz des Familienvermögens durch Unterscheidung von Betriebsrisiken und Betriebsvermögen
- finanzielle Sicherheit für künftige Generationen bei gleichzeitiger Gewährleistung der Kontinuität und Sicherheit des Unternehmens
- Verhinderung der Zersplitterung des Familienvermögens durch sorgfältige Nachfolgeplanung
- Vermeidung des Risikos, ein Unternehmen aufgrund besonderer familiärer Situationen zu verlieren, die eine einfache Übernahme des Unternehmens durch einen „idealen“ Nachfolger verhindern
- eine Vision für die Entwicklung des Unternehmens in der Nähe des Stifters und für die kommenden Generationen zu verwirklichen
- die Entwicklung von Unternehmen, deren Vermögenswerte, Anteile oder Aktien in die Familienstiftung eingebracht wurden
- Bereitstellung von Mitteln für den laufenden Unterhalt der Begünstigten und die Finanzierung bestimmter Ausgaben
Wann lohnt es sich, eine Familienstiftung zu gründen?
Es gibt mehrere Gründe, warum Inhaber mittlerer und großer Familienunternehmen (unabhängig von der polnischen Staatsangehörigkeit oder dem steuerlichen Wohnsitz), d.h. Unternehmer, auf die das Gesetz Anwendung findet, die Gründung einer Familienstiftung in Betracht ziehen sollten.
Es gibt kein Universalrezept für das komplexe und problematischen Funktionieren von Familienunternehmen, die ihre Nachfolge planen. Die Familienstiftung garantiert indes den notwendigen Gestaltungsspielraum für Gründer, um Lösungen zu verwirklichen, die den Bedürfnissen des Gründers, der Familie und gleichzeitig dem zu führenden Unternehmen am besten entsprechen. Sie ist insofern besonders, als dass sie eine Reihe einzigartiger rechtlicher Lösungen einführt.
Für die Gründung einer Familienstiftung sprechen die oben genannten Gründe. Es sollte jedoch hinzugefügt werden, dass die Familienstiftung speziell für folgende Situationen konzipiert ist:
- komplizierte Familienverhältnisse, die eine „maßgeschneiderte“ Nachfolgeregelung entsprechend dem Willen des Gründers erfordern
- der Wunsch, das Unternehmen einer anderen Person anzuvertrauen, um sich aus dem Berufsleben zurückzuziehen und gleichzeitig das Lebenswerk zu sichern
- das Fehlen von Nachfolgern oder die Unreife der Erben, einschließlich ihrer ständigen Weiterbildung, die Ungewissheit über ihre Zukunftspläne und häufig ihre mangelnde Bereitschaft, sich für das Unternehmen zu engagieren und ihren eigenen Weg zu gehen, mangelnde Eignung, Kenntnisse, Motivation usw.
- eine größere Anzahl von Erben, die den Gründer daran hindern, die künftige Entwicklung zu beeinflussen, selbst im Falle einer testamentarischen Erbfolge
- Sicherung wiederkehrender Mittel für die laufenden Lebenshaltungskosten der Begünstigten, die nicht mit dem Stifter verwandt sein müssen.
Sonstige Vorteile der Familienstiftung
- begrenzte Möglichkeit für die Familienstiftung, geschäftliche Aktivitäten auszuüben
- flexiblen Gestaltung der Satzung der Familienstiftung
- Isolierung des Stiftungsvermögens von bestimmten Risiken – Vermögen ist nicht Teil des Nachlasses und unterliegt grundsätzlich nicht der Zwangsvollstreckung
- Gründer kann Ausübung seiner Befugnisse an eine andere Person delegieren
- direkte Finanzierung von Ausgaben an die Begünstigten ohne Einzahlung auf das Bankkonto des Begünstigten – Kontrolle über die Ausgaben des Begünstigten
- Änderungen beim Pflichtteil (einschließlich der Anrechnung der Kosten für Erziehung und Ausbildung sowie der Unterhaltsverpflichtung der Familienstiftung auf den Pflichtteil, Zahlungsaufschub, Ratenzahlung, Verringerung des Pflichtteils)
- Die Möglichkeit, bestimmte soziale oder karitative Zwecke zu verfolgen, da der Begünstigte eine Nichtregierungsorganisation sein kann.
Organisation und Struktur der Familienstiftung
- Der Stifter errichtet die Familienstiftung, indem er im Gründungsakt oder Testament eine entsprechende Erklärung abgibt (notarielle Form).
- Die Familienstiftung ist juristische Person, ihre obligatorischen Organe sind der Vorstand und die Versammlung der Begünstigten. Ein Aufsichtsrat ist nicht zwingend zu bestellen, solange die Zahl der Begünstigten 25 nicht überschreitet.
- Der Mindestwert des Gründungsfonds der Familienstiftung beträgt 100.000 PLN (ca. 23 000 EUR). Das eingebrachte Vermögen ist unantastbar, d.h. es ist nicht möglich, es während ihres Bestehens auszuzahlen.
- Die Familienstiftung unterliegt der Eintragung in das Register für Familienstiftungen. In den meisten Fällen unterliegt sie auch der obligatorischen Eintragung in das polnische Transparenzregister (poln. Rejestr Beneficjentow Rzeczywistych).
- Der Stiftungsrat und der Aufsichtsrat der Stiftung sind Organe auf Zeit. Die Satzung der Familienstiftung kann dies entsprechend ändern (unbefristete Bestellung).
- Der Vorstand führt die Geschäfte der Familienstiftung und vertritt sie nach außen. Er kann aus einer oder mehreren natürlichen Personen bestehen. Der Berufung eines Begünstigten in den Vorstand steht nichts im Wege, sofern er nicht bereits Mitglied des Aufsichtsrats ist.
- Die Befugnis zur Ernennung/Abberufung von Vorstandsmitgliedern liegt beim Stifter oder für den Fall seines Todes, beim Aufsichtsrat. In Ermangelung eines Aufsichtsrates ist es die Versammlung der Begünstigten.
- Die Zusammensetzung der Begünstigten muss nicht mit der Zusammensetzung der Versammlung der Begünstigten übereinstimmen. Es muss mindestens ein Begünstigter bestimmt werden, der berechtigt ist, an der Versammlung der Begünstigten teilzunehmen. Dabei ist zu bedenken, dass es sich bei dem Begünstigten auch um den Stifter selbst handeln kann.
Besteuerung der Familienstiftung
Die Ausstattung der Familienstiftung mit Vermögen ist steuerfrei. Familienstiftungen unterliegen einer subjektiven Befreiung von der Körperschaftssteuer. In der Praxis bedeutet dies, dass ihr laufendes Einkommen nicht besteuert wird. Die subjektive Befreiung hat jedoch ihre Grenzen, die durch den Umfang der zulässigen Tätigkeiten bestimmt werden.
Die Familienstiftung kann im folgenden Umfang tätig werden:
- Veräußerung von Immobilien (es sei denn, die Immobilien werden ausschließlich zum Wiederverkauf erworben);
- Vermietung, Verpachtung
- Beteiligung an Unternehmen
- Erwerb und Veräußerung von Wertpapieren, Derivaten und Rechten ähnlicher Art
- Gewährung von Darlehen an Begünstigte und mit der Familienstiftung verbundene Einrichtungen
- Werden die Leistungen an die Begünstigten ausgezahlt, muss die Familienstiftung Einkommensteuer in Höhe von 15 % zahlen.
Besteuerung der Benefizienten der Familienstiftung
- Zusätzlich zu der von der Familienstiftung gezahlten Einkommensteuer von 15 % zahlt der Leistungsempfänger in der Regel seine eigene Einkommensteuer von 10 %.
- Die Begünstigten der Familienstiftung, die zur unmittelbaren Familie des Stifters gehören, die so genannte Nullgruppe (Ehegatte, Kinder und weitere Nachkommen, Eltern und weitere Nachkommen in aufsteigender Linie, Stiefkinder, Geschwister, Stiefvater und Stiefmutter) und die Stifter selbst, die Leistungen von der Familienstiftung erhalten, sind von der Einkommensteuer befreit.
- Die oben genannte Befreiung gilt jedoch nicht für Leistungen, die natürliche Personen von der Familienstiftung erhalten.
- Die Steuerbefreiung gilt nur für den Teil der Einkünfte, der in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des vom Stifter direkt in die Familienstiftung eingebrachten Vermögens steht.
- Außerdem führen Zahlungen aus der Familienstiftung nicht zur Zahlung von Solidaritätszuschlag, Krankenversicherungs- sowie Sozialversicherungsbeiträgen.