25 Jahre Haft für Manager wegen Misswirtschaft
Die Strafen für bestimmte Wirtschaftsdelikte wurden ab dem 1. Oktober dieses Jahres drastisch erhöht. Für Straftaten, die bisher mit einer Freiheitsstrafe zwischen einem und 10 Jahren geahndet wurden, können nun bis zu 25 Jahre Haft verhängt werden. Das Gesetz vom 7. Juli 2022 zur Änderung des polnischen Strafgesetzbuches (StGB) und einiger anderer Gesetze, das am 1. Oktober dieses Jahres in Kraft getreten ist, sieht eine drastische Erhöhung des Strafmaßes für einige Straftaten vor, darunter Vermögensstraftaten oder sogenannte Taten gegen den Wirtschaftsverkehr. Bei Straftaten, die bisher mit einer Höchststrafe von bis zu 10 Jahren Haft geahndet wurden, gelten nun seit dem 1. Oktober dieses Jahres 20, in einigen Fällen sogar bis zu 25 Jahre Haft.
Neuer Strafrahmen für Wirtschaftsstraftaten
Bisher waren derart hohe Strafmaße den schwersten Straftaten vorbehalten, darunter solchen gegen Leben und Gesundheit oder gegen Frieden und Menschlichkeit.
Die Freiheitsstrafe von bis zu 20 Jahren ist im Strafrecht völlig neu. Bislang sah der Strafenkatalog eine Höchststrafe von 15 Jahren Freiheitsstrafe, 25 Jahren Freiheitsstrafe und lebenslänglich vor. Dies bedeutete, dass die Gerichte keine Strafen zwischen 15 und 25 Jahren Freiheitsstrafe verhängen konnten. Ab dem 1. Oktober dieses Jahres wird sich dies ändern und die möglichen Freiheitsstrafen werden zwischen 1 Monat und 30 Jahren liegen, je nach Straftat. Die Novelle selbst sieht zahlreiche umstrittene Änderungen vor und ist auf breite Kritik gestoßen. Mehr als 170 auf Strafrecht spezialisierte Wissenschaftler appellierten am 25. November 2022 an den Präsidenten der Republik Polen, Andrzej Duda, ein Veto gegen die Novelle einzulegen. Der Appell blieb erfolglos und das vom Präsidentenunterzeichnete Gesetz ist am 1. Oktober in Kraft getreten.
Der Straftatbestand der Misswirtschaft
Eine der Änderungen des StGB sieht eine drastische Verschärfung der Strafandrohung für den Straftatbestand der Misswirtschaft durch Führungskräfte vor. Die Straftat besteht in einem Missbrauch von Befugnissen oder einer Pflichtverletzung durch eine für die Vermögensangelegenheiten des Unternehmens verantwortliche Person, die zu einem Vermögensschaden des Unternehmens geführt hat, der den Wert von 200.000 PLN übersteigt. Diese Straftat wurde und wird weiterhin mit einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren und bei einem Schaden von mehr als 1 Mio. PLN mit einer Freiheitsstrafe von 1 bis 10 Jahren geahndet. Diese Arten von Strafen waren bei Wirtschaftsdelikten üblich.
Im Rahmen der Änderung des Strafgesetzbuches wurde jedoch der neue Artikel 306b StGB eingefügt. Nach dieser Bestimmung wird eine nach dem 1. Oktober dieses Jahres begangene Misswirtschaft, die zu einem Schaden von mehr als 5 Mio. PLN führt, mit einer Freiheitsstrafe zwischen 3 und 20 Jahren bestraft. Übersteigt der Schaden 10 Mio. PLN, beträgt die Strafe zwischen 5 und 25 Jahren. Damit wird der qualifizierte Straftatbestand der Misswirtschaft aufgrund der Höhe des verursachten Schadens in die Reihe der Verbrechen im Strafgesetzbuch aufgenommen. Ein Verbrechen ist eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder einer schwereren Strafe geahndet wird.
Verbrechen gegen das Vermögen und den Wirtschaftsverkehr
Der Straftatbestand der Misswirtschaft ist nicht die einzige Straftat, für die ab dem 1. Oktober dieses Jahres eine drastische Erhöhung der Freiheitsstrafe vorgesehen ist. Die Änderung gilt unter anderem für Diebstahl (Art. 278 StGB), Betrug (Art. 286), Unterschlagung (Art. 284), Geldwäsche (Art. 299) und Korruption in leitender Funktion (Artikel 296a ) und ist ebenfalls an die Schwellenwerte von 5 Mio. PLN und 10 Mio. PLN gebunden.
Der Unterschied besteht jedoch darin, dass die Schwellenwerte von 5 Mio. PLN und 10 Mio. PLN im Falle von Diebstahl oder Betrug zwar beeindruckend sein mögen, bei Misswirtschaft, bei der es um Geschäftsentscheidungen mit Auswirkungen in Millionenhöhe geht, ist dies jedoch nicht der Fall. In großen Unternehmen werden manchmal einzelne Geschäftsentscheidungen getroffen, die den Wert von 10 Mio. PLN um ein Vielfaches übersteigen (z. B. Erwerb von Immobilien, Bauaufträge). Jede unternehmerische Entscheidung ist mit einem mehr oder weniger großen Verlustrisiko verbunden, was wiederum ein erhebliches persönliches Risiko für die Entscheidungsträger bedeutet. Natürlich führt nicht jeder Verlust des Unternehmens, der durch die Entscheidung eines Managers verursacht wird, dazu, dass sich Entscheidungsträger des Handelns zum Nachteil des Unternehmens schuldig machen. Doch allein die Tatsache, dass im Zusammenhang mit einer solchen Entscheidung ein Strafverfahren durchgeführt wird, stellt angesichts der drohenden 25-jährigen Haftstrafe bereits eine weitreichende Unannehmlichkeit dar, die nicht immer durch einen Freispruch ausgeglichen wird.
Praktische Auswirkungen Änderungen des Strafmaßes bei Wirtschaftsdelikten
Konsequenzen der Novelle zeigen sich nicht nur in Gestalt einer möglichen Strafe, die im Falle einer Verurteilung wegen einer bestimmten Straftat verhängt werden kann, sondern auch in der Art und Weise, wie derartige Fälle behandelt werden. Die Androhung einer Freiheitsstrafe von 25 Jahren wird die Strafverfolgungsbehörden sicherlich für diese Art von Straftaten sensibilisieren, so dass sie aktivere Maßnahmen zu ihrer Aufdeckung ergreifen werden. Darüber hinaus kann die Strafandrohung von 25 Jahren Haft bei der Anwendung von Präventivmaßnahmen, einschließlich der Untersuchungshaft, die Statistik der Verhaftungen in Wirtschaftsfällen deutlich erhöhen oder sogar eine Verhaftung fast sicher machen. Dies liegt daran, dass die Gerichte bei Festnahmen (neben anderen Erwägungen) auch die dem Beschuldigten drohende Strafe berücksichtigen.
Übersteigt der Wert des verursachten Schadens hingegen 5 oder 10 Mio. PLN, so sind Freiheitsstrafen, einschließlich der bedingten Aussetzung der Strafvollstreckung, im Falle einer Verurteilung ausgeschlossen. Ein verurteilter Manager wird also für mindestens drei oder sogar fünf Jahre ins Gefängnis gehen.
Fazit
Ein Handeln im Einklang mit den eigenen Pflichten und Befugnissen schließt das Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung im Zusammenhang mit einer bestimmten Führungsentscheidung nicht immer aus. Schließlich soll in einem Strafverfahren gerade untersucht werden, ob ein bestimmtes Verhalten rechtmäßig war oder nicht. Es lohnt sich also, sich auf derartige Situationen vorzubereiten. Die Einführung des Straftatbestands der Misswirtschaft in die Rechtsordnung muss dazu führen, dass jede potenziell risikobehaftete Unternehmensentscheidung rechtlich untermauert wird. Aus den Unterlagen muss hervorgehen, dass die Entscheidung zum Zeitpunkt ihres Entstehens rational war (Anwendung der sogenannten Business Judgement Rule).
Für die Strafverfolgungsbehörden ist es ein Leichtes, wirtschaftliche Vorgänge unter dem Gesichtspunkt ihrer Auswirkungen zu bewerten und dabei Erkenntnisse aus der Vergangenheit zu nutzen. Im Rahmen von Strafverfahren sind daher Analysen und Stellungnahmen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung eingeholt wurden, von unschätzbarem Wert. Entscheidend wird sein, was nachgewiesen werden kann, um die Rationalität der Entscheidung zum Zeitpunkt ihres Erlasses zu belegen. Es bleibt zu hoffen, dass der weitreichende „Schutz“ des Wirtchaftsverkehrs und die drastische Verschärfung der Sanktionen die Bereitschaft, mutige unternehmerische Entscheidungen zu treffen, nicht einfrieren werden.