Geltendmachung von Ansprüchen in Polen – Forderungsmanagement
Einer der wichtigsten Aspekte der Wirtschaftstätigkeit ist das Forderungsmanagement. Wie sind Forderungen am besten in Polen geltend zu machen und welche Maßnahmen können ergriffen werden, um ihre Verjährung zu verhindern?
Bevor Forderungen entstehen – langfristiges Denken
Verträge sollten nicht nur im Hinblick auf künftige Profite verhandelt werden, sondern vor allem die wirksame und effektive Geltendmachung eventueller Forderungen ermöglichen. Eine solche Herangehensweise zahlt sich insbesondere im Falle unzuverlässiger Geschäftspartner aus.
Vertragliche Sicherheiten – Erleichterung bei der Geltendmachung von Forderungen
Das polnische Recht bietet Marktteilnehmern zahlreiche Sicherungsmittel:
Jede der oben genannten Sicherheiten ermöglicht die Wahrung der Parteiinteressen auf unterschiedliche Art und Weise. Es gibt daher keine „perfekte“ Sicherheit und trotz der Inanspruchnahme einer bestimmten Sicherheit kann es weiterhin notwendig sein, Forderungen gerichtlich geltend zu machen.
Beispiel:
Durch eine Vertragsstrafe kann ein Geschäftspartner motiviert sein, seine Verbindlichkeiten ordnungsgemäß zu erfüllen, da sie von der Höhe des Schadens, den der Gläubiger infolge der Nichterfüllung des Vertrags erleidet, unabhängig ist. Die Vertragsstrafe betrifft jedoch nur nicht monetäre Verbindlichkeiten, so dass sie z.B. auf eine zu späte Zahlung durch den Schuldner keine Anwendung findet. Ferner wird die Geltendmachung der Vertragsstrafe in den meisten Fällen die Inanspruchnahme eines Gerichtsverfahrens erfordern.
Es ist daher wichtig, die unterschiedlichen Vor- und Nachteile der einzelnen Sicherheiten zu betrachten und je nach Fallgestaltung die adäquateste Sicherheit auszuwählen.
Fristen zur Geltendmachung
Da es sich bei Forderungen um vermögensrechtliche Ansprüche handelt, verjähren sie grundsätzlich nach Ablauf einer bestimmten Frist und ihre gerichtliche Geltendmachung ist nicht mehr möglich.
Das polnische Recht sieht zwei Hauptverjährungsfristen vor:
- eine sechsjährige Verjährungsfrist für Ansprüche, die nicht mit dem Gewerbebetrieb verbunden sind und
- eine dreijährige Verjährungsfrist für Ansprüche auf regelmäßige Leistungen (z.B. Miete) sowie Ansprüche im Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb.
Ausnahmen
Allerdings sehen Sonderbestimmungen unterschiedliche Ausnahmen von den beiden oben genannten Fristen vor.
Beispiel:
Die Verjährungsfrist für Ansprüche im Zusammenhang mit einem Verkauf im Rahmen des Gewerbebetriebs beträgt zwei Jahre. Das Gleiche gilt für die Gewährleistung für Sachmängel an beweglichen Sachen.
Von Bedeutung sind zudem die Art und Weise der Berechnung von Verjährungsfristen. Das polnische Recht sieht vor, dass die Verjährungsfrist mit dem Ablauf des letzten Tages eines Kalenderjahres endet, es sei denn, die Frist ist kürzer als zwei Jahre.
Beispiel:
Die Forderung aus der Zahlung eines Kaufpreises durch einen anderen Unternehmer, die zum 1. Februar 2021 fällig wurde, verjährt erst am 31. Dezember 2023.
Unterbrechung der Verjährungsfrist
Auch wenn die Parteien eine Verjährungsfrist vertraglich nicht verlängern oder verkürzen dürfen, bedeutet dies nicht, dass sie keine Maßnahmen treffen können, um die Verjährungsfrist zu unterbrechen und sie erneut laufen zu lassen.
Beispiel:
Zur Unterbrechung der Verjährungsfrist kommt es, wenn die Forderung durch den Schuldner anerkannt oder bei Gericht ein Antrag auf gütliche Beilegung eingereicht wird. Die Einreichung einer Klageschrift oder eines Sicherungsantrags unterbricht die Verjährungsfrist ebenfalls.
Bedeutet die Verjährung stets die Unmöglichkeit der Geltendmachung von Forderungen?
Die Verjährung einer Forderung führt nicht dazu, dass sie erlischt und nicht mehr besteht. Sie ermöglicht jedoch dem Schuldner, in einem anhängigen Gerichtsverfahren die sog. Einrede der Verjährung zu erheben, die – sofern begründet – zur Abweisung der Klage des Gläubigers führt. Nimmt der Schuldner die Einrede nicht in Anspruch, ist die Tatsache der Verjährung unerheblich. Wichtig ist, dass die verjährte Forderung aufgerechnet werden kann, wenn die Verjährung zum Zeitpunkt, zu dem die Aufrechnung möglich wurde, noch nicht eingetreten war.
Eine Ausnahme von dem Grundsatz, die Verjährung nur bei Einrede der Gegenpartei zu prüfen, stellen Ansprüche gegen Verbraucher dar. Bei diesen ist das Gericht verpflichtet, die Anspruchsverjährung von Amts wegen, d.h. automatisch zu prüfen.
Gerichtliche Sicherheiten
Werden Forderungen nicht bereits vertraglich gesichert, kann dies bei einer Verschlechterung der finanziellen Situation der Gegenpartei dazu führen, dass eine Sicherung nur noch gerichtlich zu erreichen ist.
Vor (oder zusammen mit) der Einreichung der Klageschrift kann bei Gericht ein Sicherungsantrag gestellt werden, z.B. auf Pfändung der Bankkonten des Schuldners oder Bestellung einer Zwangshypothek an seinem Grundstück. Das Gericht prüft einen solchen Antrag unverzüglich und grundsätzlich ohne Teilnahme der Gegenpartei.
Zusammenfassung
Um in eventuellen Krisensituationen bestmöglich abgesichert zu sein, ist jedoch bereits bei Vertragsverhandlungen an die Aufnahme von Sicherungsmitteln zu denken.
Ebenso sollten im Rahmen des Forderungsmanagements sämtliche Verjährungsfristen überwacht werden, da ihr Ablauf die Geltendmachung der Forderungen erheblich erschweren oder gar unmöglich machen kann.