Neue Grundsätze der Quellenbesteuerung in Polen
Was hat sich bei der Erhebung von Quellensteuer in diesem Jahr geändert? Auf welche Zahlungen findet seit dem 1. Januar 2022 der „Pay and Refund”-Mechanismus Anwendung? Im folgenden Text finden Sie die wichtigsten Informationen zu diesem Thema.
Der „Pay and Refund”- Mechanismus
Seit dem 1. Januar 2022 gelten in Polen neue Regeln für die Erhebung von Quellensteuer (aus dem Englischen „WHT – Withholding Tax“) durch Anwendung des „Pay-and-Refund“- Mechanismus. Dieser Mechanismus wurde bereits im Jahr 2019 eingeführt, seine Anwendung wurde jedoch zahlreiche Male bis schließlich Ende 2021 aufgeschoben.
Zur Erinnerung, der Quellensteuer unterliegen in Polen sogenannte grenzüberschreitende Forderungen, die ausländischen Personen aus unterschiedlichen Gründen ausgezahlt wurden, wie z.B. Dividenden (19%), Lizenzen, Zinsen, sowie andere immateriellen Dienstleistungen (20%). Bisher mussten Steuerpflichtige die Quellensteuer von den o.g. Ausgaben nicht erheben bzw. den Satz des Doppelbesteuerungsabkommens nicht anwenden, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung oder Nichterhebung oder aber der Anwendung eines niedrigeren Steuersatzes aus sonstigen Vorschriften oder dem entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen vorlagen. Mit dem 1. Januar haben sich diese Grundsätze geändert.
Was bedeutet „Pay and Refund” für Quellenbesteuerte?
Die neuen Regelungen bedeuten, dass Dividenden obligatorisch mit einem Quellensteuersatz in Höhe von 19 oder 20% belegt werden. Es gibt keinerlei Möglichkeit, Steuerbefreiungen oder Steuersätze aufgrund besonderer Vorschriften oder Doppelbesteuerungsabkommen anzuwenden. Als nächstes wird beim polnischen Finanzamt ein Antrag auf Rückerstattung der erhobenen Steuer gestellt. Diesem Antrag ist eine Reihe von Dokumenten beizufügen, die den Anspruch auf Steuerbefreiung, Nichterhebung oder Anwendung geringerer Sätze gemäß dem entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen bestätigen.
Ein entsprechender Antrag kann durch einen ausländischen oder polnischen Steuerzahler gestellt werden, der Quellensteuer gezahlt hat. Die Frist zur Bearbeitung des Antrags beträgt bis zu 6 Monate, wobei die Steuerbehörden berechtigt sind, diese bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu verlängern.
Welche Zahlungen betrifft der „Pay and Refund“-Mechanismus?
Die obligatorische Erhebung der Quellensteuer in Höhe von 19% oder 20% seit dem 1. Januar 2022 betrifft Zahlungen, die die folgenden Kriterien kumulativ erfüllen:
- Die Zahlung betrifft passive Verbindlichkeiten wie etwa Dividende, Lizenzen oder Zinsen.
- Die Zahlung wird an ein verbundenes Unternehmen entrichtet.
- Der Zahlungsempfänger ist nicht in Polen steueransässig.
- Die Summe der Zahlungen mit dem jeweiligen Kontrahenten, die der Quellensteuer unterliegen, überschreitet 2 Mio. PLN im Steuerjahr.
Wie aus dem obigen hervorgeht, betrifft der „Pay and Refund“-Mechanismus keine immateriellen Dienstleistungen sowie Transaktionen mit nicht verbundenen Unternehmen.
Wichtig ist, dass der „Pay-and-Refund“-Mechanismus auch auf Auszahlungen Anwendung findet, die ohne ökonomische Begründung nicht als Dividenden-, Lizenz- oder Zinsverbindlichkeiten qualifiziert wurden. Diese Klausel soll Missbräuche und die Anpassung von Transaktionsstrukturen zur Umgehung der Quellensteuer vorbeugen.
Zwei Möglichkeiten zur Umgehung des „Pay and Refund“- Mechanismus
- Einholung einer Stellungnahme des zuständigen Finanzamtes über die Anwendung von Vorzugssteuersätzen auf Antrag des Steuerzahlers oder Steuerpflichtigen, die die Möglichkeit der Steuerbefreiung oder Vorzugssteuersätze bestätigt
- Abgabe einer Erklärung durch die Geschäftsführer, die bestätigt, dass der Steuerzahler:
- über die gesetzlich geforderten Dokumente verfügt, die es ihm erlauben keine Steuer zu erheben, von der Befreiung oder einem niedrigeren Satz Gebrauch zu machen, sowie
- nach einer Prüfung unter Anwendung der gebotenen Sorgfalt über keinerlei Wissen verfügt, welches die Annahme begründet, dass Umstände vorliegen, die die Anwendung des Steuersatzes, der Steuerbefreiung oder Nichterhebung ausschließen und die sich aus besonderen Vorschriften oder Doppelbesteuerungsabkommen ergeben
Ein Vorteil der Erklärung des Geschäftsführers ist die Tatsache, dass man sie relativ einfach und schnell anwenden kann. Allerdings zieht eine solche Erklärung das Risiko einer (steuer-)strafrechtlichen Haftung nach sich, sollte sich herausstellen, dass sie nicht der Wahrheit entspricht. Darüber hinaus ist die Erklärung 3 Monate gültig und nach diesem Zeitraum ist sie bei weiteren Zahlungen zu erneuern. Aus diesem Grunde scheint die bessere Lösung die Einholung einer Stellungnahme einer Steuerbehörde zu sein, die selbst das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung der Vorzugssteuersätze prüft. Eine solche Stellungnahme ist 3 Jahre gültig und kostet ca. 2000 PLN.